Zur Vernissage kamen über 100 Gäste
Es
gab eine Begrüßung durch den Vorsitzenden des Honnefer Kunstvereins
Herrn Werner Osterbrink und ein Grußwort des stellvertretenden
Bürgermeisters Herrn Mung.
Die Einführung sprach Frau Dr. Heidrun Wirth und für den festlichen musikalischen Rahmen sorgte Frau Christine Frohn.
Musik der Vernissage
Bach, Italienisches Konzert F Dur BWV 971 2.Satz
Erik Satie - Gymnopédie No. 1
Rundgang durch die Ausstellung
Erik Satie - Gymnopédie No. 1
Rundgang durch die Ausstellung
28. Februar 2016 um 11 Uhr
Dunkles Licht
*
Jürgen Middelmann
Im
Kuntraum Bad Honnef
*
Jürgen Middelmann ist in Bonn
und darüber hinaus bekannt, als Maler, aber auch als Organisator im
Kurfürstlichen Gärtnerhaus und als einer, der in Kursen lehrt und lernt.
Mit seinem Werk ist es wie
mit einem Fluss. Es scheint ein in sich zusammenhängendes Ganzes zu sein und
doch sind seine einzelnen Arbeiten wie die Fluten in einem Fluss immer wieder
neu. Es ist so, wie der Philosoph
Heraklit einmal gesagt hat: Nie steigt jemand in denselben Fluss. Allerdings
betrifft das nicht nur den Künstler in seiner Kunst, sondern auch wir selbst
sind als Betrachter immer wieder anders und blicken mit immer anderen Augen auf
die Kunst.
Es ist dieses Kohärente und
doch an keiner Stelle Abgestandene, das bei Jürgen Middelmann das Staunen und
das Staunenswerte seiner Kunst ausmacht, einer Kunst, in der aus simplen, gleichmäßigen,
völlig unspektakulären Pinselstrichen große Bildwände wachsen, wo nicht ein
Strich, nicht ein Pinselzug dem anderen gleicht, obwohl jeder aus dem anderen
hervorzugehen scheint und seinen eigenen unverrückbaren Platz einnimmt.
„Den Pinsel mit Farbe und mit
Wasser füllen und ihn abstreifen….irgendwie muss man doch anfangen“ sagt der
Künstler, wenn er sein eigener Beobachter ist und sieht, wie Strukturen auf
seinen selbst gebauten und grundierten Leinwänden allmählich zu Kompositionen
werden, halb beabsichtigt, halb unbewusst. „Ich muss nur gucken, wie ich
ansetze, damit es nicht zu gleichmäßig wird“.
Die Farben selbst fertigt er aus
Eitempera, Leinöl und Pigmenten an. Und
so scheint ihn dieses Tun, in dem alles unterlassen wird, was ihn ablenken
kann, zu immer neuen Bildern mit einer fein gewebten sinnlichen Präsenz zu
führen, zugleich aber auch zu einer immer bewussteren Reflexion über das alte
Thema der Malerei. Dabei geht es um Flächen oder Linien, also Malerei oder
Zeichnung, um Bewegung oder Stille und immer auch um das Licht.
Er hat Vorgänger,
beispielsweise in dem großen Amerikaner Barnett Newman oder auch Mark Rothko,
denen beiden formaler Reduktionismus und zugleich ein dezidierter Purismus
bescheinigt wird. Unter Reduktionismus versteht man eine Rückführung auf das
Einfachste und unter dezidiertem Purismus ist eine Authentizität gemeint, die
bis in den Charakter geht, das heißt, es ist eine Kunst, die allein aus der
Authentizität des Künstlers heraus etwas Geistiges oder Spirituelles zum
Ausdruck bringt. Für Rothko war das Bild eine Offenbarung, „eine unerwartete,
nie dagewesene Befriedigung eines seit Ewigkeit bekannten Verlangens“, wie er
sagte. Kunst verstand Rothko (übrigens wie schon Kandinsky) als Abbild des
Geistigen, für Rothko als einzige Möglichkeit, den Sinn von Bewegung und Ruhe
zu verdeutlichen. Beide Künstler, Newman und Rothko waren aber auch der
Ansicht, dass diese Wirkung gar nicht mit Worten zu beschreiben sei und eher
erspürt als beschrieben werden kann.
Auch ich kann mich hier der
Bildaussage nur annähern. Und stelle nur eben fest, da ich Jürgen Middelmann
schon einige Jahre begleiten kann, dass ihn diese bewusste Rücknahme mehr und
mehr zu den Grundlagen führt. Es ist der Verzicht auf erzählende
Bildgeschichten ebenso wie der Verzicht auf die Farbe, ebenso auf eine
Verwendung von Materialien oder Fundstücken, und man bemerkt staunend, dass aus
dem Weniger ein Mehr, „ ein Weit-Mehr“ wird.
Eine machtvolle Suggestion geht von diesen Arbeiten aus. Bildtitel wie
„überstrahlt“, „Lichteinfall“ oder auch „Chor“ deuten darauf hin. Zugleich
entsteht eine fein gewebte sinnliche Präsenz, fest verbunden mit einer immer
bewussteren Reflexion über das eigene Tun und doch auch zugleich über das alte
Thema der Malerei.
Und wir
sehen, dass sich die Anmutungen für uns als Betrachter verändern, je näher wir
an das Bild herantreten. Räumliche Illusionen, aus der Ferne eindrucksvoll
sichtbar, werden aufgelöst, besonders gut zu erleben beim Zugehen auf das
Zick-Zackbild im Außenfenster, in dieser Ausstellung hier im schönen Kunstraum
Bad Honnef schon von der Straße aus zu sehen und zu testen. Dabei ist nicht
dieses Zick-Zack eigentlich das Wunderbare, sondern es ist dieser Riss in der
Bildebene, der das Licht thematisiert. Wie
Stalagmiten und Stalagtiten wachsen demgegenüber die Dunkelheiten aufeinander
zu und man fühlt sich an eben diese
Millionen Jahre alten Zeiteinheiten erinnert. Dabei wird unwichtig, was das
Hängende ist und was das Stehende.
Eine Aura entsteht aus dem
Spiel von Licht und Dunkelheit. Sie kommt einem Wehen von Farbe gleich, einem
Durchfluten, in dem es niemals ein Gleiches gibt. Wir sehen im Vergleich, wie viele
verschiedene Helligkeiten es gibt. Technisch ist es ein Unterschied, ob wie bei
den etwas älteren Bildern, der Pinselzug nur in eine Richtung verläuft oder bei
den Neueren in senkrechter und waagerechter Richtung.
Titel wie „Chor“ oder „Stapel“
deuten aber auch darauf hin, dass das uralte Thema, dass das Ganze mehr sei als
die Summe seiner Teile, hier wieder aufgenommen wird. Wenn wir auf die
einzelnen Pinselzüge blicken, können wir dieser Frage nachgehen, wir können sie
– auch unter dem Ausstellungstitel „Dunkles Licht“ metaphorisch sehen,
vielleicht im Spiegel unseres eigenen Lebens oder auch im Spiegel unseres so
sehr gefährdeten Europas. Das Ganze und seine Teile ist logisch nie ganz zu
fassen und die Teile sind schwer abzugrenzen. Besonders aber, wenn so etwas wie
ein auratische Einheit daraus wird, dann ist das Einzelne nicht mehr
herauszulösen und Sie spüren, dass das „dunkle Licht“ hier ins Mystische
übergeht und für uns unergründlich wird. Solch ein Erlebnis hatte der Künstler
als er die Maestà von Duccio di Buonsegna
in Siena sah, wo alle Apostel individuelle Züge hatten, eine
stille Bewegung von dem Bild ausging und doch insgesamt alles wie Bausteine für eine Gesamtkonzeption
war.
Das Körperliche ist auch für
den nicht gegenständlich arbeitenden Jürgen Middelmann durchaus mit enthalten. Wenn er die Arme
ausspannt, erreicht er die großen Formate in der Breite und auch in der Höhe, so
bleibt es bei einem menschlichen Maß und er sagt: „Für mich sind die großen
Formate wichtig….oder die ganz kleinen“, fährt er fort.
„Die kleinen“, die Sie hier in einer Reihe von Holzschnitten
sehen,, so sagt er, „haben für mich etwas Geistiges. Ich muss hier fokussieren
wie bei einer Ikone“. Obwohl auch hier die Farben unbunt sind, haben wir doch
das Gefühl, viele Farben, geradezu einen Reichtum an Farben zu sehen. Reich
sind die Nuancen und Abtönungen, und doch auch greift hier der Reduktionismus,
denn dieser Reichtum wird mit viel weniger Farben erreicht (diesmal sind es
Linoldruckfarben) als wir vermuten. Das liegt daran, dass die Farben in
raffinierter Weise ineinander verschränkt sind und so beim Drucken ein überaus
reiches Farbspiel entstehen lassen. Im Mittelpunkt steht aber auch hier wieder
die Leuchtkraft, die der Künstler oft durch eine elliptische Formgebung ins
Bild holt. Und da der Druckstock bei den vielfältigen Druckvorgängen Zug um Zug
und Druck für Druck auf dem gleichen Blatt durch Abtragen der hervorstehenden
Teile immer mehr zerschnitten wird, ist er zu guter Letzt verbraucht. Damit ist
ein Nachdruck unmöglich. Diese Serie von 7 Blättern wurde hier in einer Auflage
von zehn Stück gedruckt.
Neugierig sind wir aber auch,
wie es nun weiter geht in seinem Werk. Ich habe ihn gefragt und er hat gemeint:
„Eine unglaublich wichtige Klärung“ liege nun mit diesen Arbeiten hinter ihm. Sie
bestand darin festzustellen, „mit wie wenig kommst du aus und was ist dir
wichtig“ und er fügt hinzu: „Eigentlich bin ich jetzt so weit, dass ich das
Gebiet abgesteckt habe, in dem ich arbeiten will.“
Wir sind gespannt, aber heute
freuen wir uns erst einmal über das was wir hier sehen dürfen.
4 Kommentare:
Ulrike sagt: eine wunderbar vielschichtig und zugleich einfühlsam verständlich formulierte Eröffnungsrede von Frau Dr. Wirth - danke für die Möglichkeit sie hier zu lesen.
Die Ergänzung mit den Bildbeispielen insbesondere die Gegenüberstellung von Duccio und Middelmann macht vieles "auf einen Blick" deutlich.In beiden Werken ist eine feine Differenzierung zu entdecken - das Einzelne ist erkennbar von Bedeutung - und doch fügt es sich wie aus einem Guss in das Gesamte ein. Bei dieser starken Verkleinerung im Foto wird zudem der (die Details) übergreifende Lichteinfall schön sichtbar.
.. und noch mal zu Duccio: in der kleinen Abbildung wird die strukturelle Bildanlage und dann auch die Verwandschaft zwischen den Bildern deutlich. Die horizontale Gliederung und das Dreieck im Zentrum
Super wpis. Pozdrawiam i czekam na więcej.
Nun, im Moment bin ich mit anderen, kleineren Bildern beschäftigt, aber dies Ausstellung in Honnef war schon etwas Besonderes!
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