Köpfe 2024

 

Gerade entstehen ein paar neue Holzschnitte mit Kopfmotiven. Sie knüpfen an die Werkreihen von 2020 an und wurden nochmals in drucktechnischer Hinsicht reduziert. Es gibt nur noch eine Formplatte die allerdings weiß auf schwarz gedruckt wird und alle Form und Information vom schwarzen Papier her erscheint. Die Holzschnitte werden auch kleiner gedruckt, da mir das bisherige Format von 34x25,5 cm zu groß erschien. 

 

 


Holzschnitte auf schwarzem Papier (DIN A 4), 24 x 18 cm, 2024

 

 

AbGrund 

 


AbGrund, 240x190 cm, Tempera auf Leinwand, 2023 / 2024

 

 

AbGrund habe ich das Bild genannt. Gemeint ist nicht der düstere, auswegslose, beklemmende Abgrund, aber es ist auch alles andere als ein sicherer Ort. Die schönen verführerischen Farben verweisen auf ein anderes Thema. Es ist die Verlockung. Die Verlockung sich in Situationen zu begeben, die eine Gefahr, eine Enge in sich bergen. Am rechten Bildrand habe ich einen von außen hineinschauenden Beobachter gestellt. Ein Kunstkopf einer anderen Kultur, oder vielleicht ist es auch die Kunst selber, die auf das merkwürdige Geschehenn blickt und es beobachtend zur Kenntnis nimmt. 

Zwei Szenen spielen sich im Bild ab und beschreiben die Fallhöhe. Der eine stürzt vom oberen Bildrand und die anderen hocken zusammen am unteren Ende des Bildes in einer Art Schacht. Beiden Szenen berühren sich nicht, aber ihre Enden überschneiden sich minimal. Ebenso werden sie durch ein Detail, eine Art Wedel formal miteinander verbunden. In der oberen Situation wirkt es wie ein Segel, im unteren Teil wie ein kraftloses oder noch kräftiges Gewächs. Der jeweilige Griff kann unterschiedlicher nicht sein. Bei der stürzenden Figur liegt das egel ganz locker in der Hand wobei die untere kräftige Hand zupackt und die kleinen Pflanzen zu erdrücken scheint. Die obere Figur trägt ein eng anliegendes Kleidungsstück, ähnlich eines Kostüms. Füße und Hände treten heraus und sind ungeschützt. Der Kopf scheint verfremdet. Ein Mischwesen mit menschlichen Kennzeichen und doch nicht so ganz von dieser Welt. Die Verläufe der Farbfelder und die Säulen auf der linken Seite beschreiben den Fall und die Fallhöhe. Hier wird ein Farbraum gezeigt, der Gegensätzliches verbindet und nebeneinander stehen lässt. Hellere neben dunklerer, wärmere neben kühlerer Farbe. Ein Wechselbad der Empfindungen wird über den Hintergrund des Bildraums gespannt. Diese Eindrücke scheinen durch die scharfen Zahnräder zermalen zu werden und gelangen über einen imaginären Abtransport durch die Schalen. Es sind gefüllte Schalen - man sieht es an dem angedeuteten Volumen. Im oberen Teil des Bildes waren sie noch flächig und standen aufgereiht in einer Ablage. So entsteht die erste Leserichtung des Bildes von oben nach unten und entlang des Kopfprofils. 

 

 

Im unteren Bildteil treffen wir auf eine zweite Szene. Da wo es oben bodenlose Weite gab, finden wir unten bedrückende Enge. So entsteht ein extremes Gegensatzpaar. Man versucht hier im Schacht den gegebenen Rahmen zu sprengen, doch bei aller kraftvollen Aktion wirkt es unbeholfen wie eine ausgehöhlte Geste. Im Mittelpunkt sehen wir einen Mann mit tief sitzender Kappe, der seinen Arm in die Höhe ragt. Rechts neben ihm versteckt sich eine Vertreter der Kirche mit spitzem Hut wie ein Kirchturm. Seine violetten Farben verweisen auf die Passion. Das Gegenstück bildet die Fantasiefigur auf der anderen Seite. Dann gibt es noch den kleinen grünen Schmallippigen. Nicht unbedingt sympatisch wirken die vier Figuren - eher wie überzeichnete Spielpuppen eines Kindertheaters. Hier sind es nicht die Kaufleute, Ritter oder Roboter der anderen Bilder, sondern Volksvertreter die als klischeehafte Prototypen erscheinen. 

 

 

Rot ist die Grundfarbe des Bildes. Und zwar ein Rot in all seinen Fassetten. Vom tiefen Dunkelrot des warmen Unheimlichen bis zum freudigen, lebenslustigen Leuchtendrot, vom matt, eingetrockneten Blutrot bis zum erdigen Braunrot dehnt sich die Farbpalette. Das Violett / Gelbgrün des Beobachters steht dem gegenüber und taucht punktuell im Bild auf. So wird das Bild keuz und quer verschoben, im Kreis gedreht und in die Diagonale gezogen. Es gibt keine Ruhe und keinen sicheren Platz. Das Bild schwingt immer wieder auf der Kippe. Vielleicht so wie alle 5 bisherigen Bilder. Sie sind tragisch und komisch, aber ohne Witz. Sie erzählen ohne Anfang und Ende. Eindeutiges sucht man vergebens. Immer taucht etwas Unzeitgemäßes auf ohne wirklich Alt zu wirken. Das ist ein Feld für eigene Räume und Assoziationen.



Entstehung des Bildes

 

Mit mehreren großformatigen Zeichnungen startete die Entwicklung des Bildes im Sommer 2023. sh. Post vom 8.8.2023 

 

Danach wurde die Zeichnung mit Kohle auf die Leinwand übertragen und anschliedend die Hell/Dunkelbereiche angelegt 


 

 

Nach mehreren Lasurschichten beendete ich Untermalung im Herbst 2023. sh. Post vom 19.9.23

 


"Das Bild befindet sich zwischen den Höhen der Luft und den Schächten unter der Erde. Ein Absturz aus hoher Höhe, ein enges beieinander Kauern im Schacht – bei der Arbeit – im Versteck? Alles geschieht im Getriebe und unter Beobachtung der Welt. Fremde Kulturen, vergangene Mechanik, fallende Säulen rahmen das Geschehen ein. Tief unten oder weit oben, nichts und nirgendwo scheint ein sicherer Ort zu sein. Wie ein Hilferuf werden die zwei dürftigen Blätter mit der Arbeiterfaust nach oben gehalten. Das andere große Blatt liegt wie ein nicht funktionierendes Segel ganz lose in der Hand des Stürzenden. Hier wirken die Schalen wie Einfüllboxen eines Fließbandes. Aufgereiht, stets weiterlaufend. Hier steht die Frage des Haltes, des Schutzes im Getriebe an der Wand." So war der Eintrag im Blog nach der Untermalung. Ende August 2024 ging es dann weiter mit der farblichen Ausarbeitung. 

Es stellte sich die Frage nach der Farbigkeit. Schon 2023 stellte ich das Profil an der rechten Seite - den Beobachter - in grün / violett vor. So habe ich auch dann das Bild weitergemalt. Nur wo sollte es hin? Angesichts der Untermalung, der Komposition und der gesetzten Elemente gab es die Möglichkeit ein düsters Nachtbild daraus zu machen. Es hätte zum Ausschnitt eines Black Noir Thrillers werden können. Damit wären die Sehgewohnheiten bedient worden und es entsteht ein Klischeebild. Also keine Aufgabe - Bilder sind nicht dazu da Bekanntes zu füttern. Ich habe mich dazu entschlossen im Folgenden Farben zu verwenden die schön und nahezu verführerisch zu einander klingen. Das Bild und das Thema wurde zu einem Absturz, zu einer Haltlosigkeit in der Verlockung. Immer weiter treiben die Zahnräder, immer höher ist die Devise - schön und verlockend soll es sein. Und so bezog sich Farbe auf Farbe und Kontrast auf Kontrast  - Intersität und wenig Ruhe. Und doch so schön und anregend anzuschauen bis der Boden verschwindet und der Halt und die Kontrolle verloren gehen.

 

 Beginn der farblichen Durcharbeitung und Zustand nach drei Wochen

 

 

Am 11.10.2024 beendete ich das Bild.

 


 

Hinweise zur Kunstgeschichte

Die stürzende Figur kennen wir aus der Kunstgeschichte. Beckmann, Chagall und nicht zuletzt nahezu das ganze Werk von Baselitz. Sehr unterschiedlich ist das künstlerische Ansinnen der jeweiligen Künstler. Beckmann spielte mit der Doppeldeutigkeit des Sturzes und des Kopfsprungs ins Wasser. Ein Mann zwischen dem aufgelösten Horizont. Chagall setzt den roten gesürzten Engel inmitten der Dunkelheit des Krieges. Und Baselitz ging es eher um die formale Schärfung beim Malen. Ein abstraktes Ansinnen ohne das Aufgeben des Gegenständlichen.

 


Max Beckmann - Abstürzender, 1950, New York, Öl auf Leinwand, 141 x 88,9 cm

Marc Chagall -  Der Engelsturz, 1923 / 1933 / 1947

Georg Baselitz -  

 

Wenn man sich solche mächtigen Bilder für das eigene Werk heranholt, ist man auch der Aufgabe verpflichtet den Inhalt neu zu beleben.

ReiseReise - Der Aufbruch


Nun ist der Zyklus und die gesamte Arbeit komplett. Heute kam der Katalog. Es ist eine wunderbare Broschüre geworden mit ca. 50 Seiten. Darin ist ein Vorwort der Kunstjournalistin Dr. Heidrun Wirth enthalten, alle Einzelabbildungen des Zyklus, das große Gesamtbild, die Dokumentation der Atelierarbeit und das Werkverzeichnis mit Vita. Dieser Katalog fasst die komplexe Arbeit zusammen und rundet alles ab. So gibt es diesen Katalog, die individuelle Grafikkassette mit einem kompletten Satz der Holzschnitte, die einzelnen Holzschnitte und die großen Holzschnitte. Erste Ausstellungsbeteiligungen konnten durchgeführt werden. Zum Inhalt kann man sich den Post vom 23.7.2023 durchlesen. Hier wird nochmals alles abgebildet.







Katalog mit vielen Hintergrundinformationen, Atelierfotos und Abbildungen des kompletten Zyklus




Neun Kassetten mit 17 Originalholzschnitten, einem Begleittext und zwei hochwertige Fotoreproduktionen des großen Holzschnittes. Die Kassetten gibt es in neun Farbvarianten: Mattblau, Mattbraun, Mattviolett, leuchtend Blau, leuchtend Braun, leuchtend Violett und dann jeweils in den Farben des großen Holzschnittes.














16 Originalholzschnitte in unterschiedlicher Farbigkeit. Druck 34 x 25,5 cm auf DIN A 3 Papier mit jeweils ca. 40 Abzügen.














 

Große Holzschnitte auf Leinwand. Druck 170 x 126 cm.
 
 
 
 
 

 
 

Die Bilder hängen in den ersten Ausstellungen:
- Druckfrisch 2023, Bergisch Gladbach (Link)   
- Offenes Atelier 2023 / 2024 (Link)
- Mind the Gap, Künstlerforum Bonn (Link)
- 3. Druckgrafik Festival in Sinzig (Link)  


3. Druckkunst Festival Sinzig

3. Druckkunstfestival in der Alten Druckerei Sinzig.

Druckkunstausstellung des BBK Bonn, Rhein-Sieg

Vernissage Freitag, 30. August 2024 18 Uhr


30.8. - 6.10.2024

Alten Druckerei Sinzig



Alte Druckerei Sinzig

Mühlenbachstr. 40, 53489 Sinzig

Öffnungszeiten: Sa und So 12-18 Uhr



Gruppenausstellung - Druckgrafik
 





15 Uhr eine Mitmachaktion
 
 
 
 
 

 

 
 








Kopf I

 

 

Kopf I, 200 x 180 cm, Tempera auf Leinwand, 2023 / 2024


Zum Bild stehen alle Überlegungen und Entscheidungen im unteren Text. Es geht bei diesem Bild um die Mehrhbefindlichkeit einer Figur. 

 

Das Bild eines Kopfes.

Empfindung
Maske
Rolle
Erscheinung
Stimmung
Aufgabe

Zwischen Hut und Robe 


25. Juli 2024 - - Die Arbeit an dem Bild "Wendezeit" (Arbeitstitel - zum Schluss Kopf I), welche im Herbst 2023 (sh. Post 19.9.2023) unterbrochen wurde, geht jetzt endlich weiter. Es ist lange her und es brauchte einige Zeit bis sich das Gefühl für die Arbeit wieder einstellte. Es ging um die Mehransichtigkeit eines Kopfes - eher noch um die Mehrbefindlichkeit eines Kopfes. Zu der Form kommt nun noch die Farbe welche unmittelbar auf die Gefühlsebene abzielt. Die erste Farbschicht ist nach drei Arbeitstagen auf dem ganzen Bild aufgebracht. Ich denke, dass sich das Bild noch erheblich verändern wird - nicht in der Form, aber in der Farbe. 



Wendezeit, 200x180 cm 

Untermalung und erster Farbauftrag




Nach fast zwei Wochen scheint noch nicht viel passiert zu sein, aber es wurden einige Entscheidungen getroffen. Die Dunkel- und Hellbereiche sollen stärke gegeneinander stehen. Mir schwebt ein Eindruck einer Figur im Gegenlicht vor, deren Hauptbereich aber ausgeleuchtet ist. Zudem möchte ich mit einer Verkehrung der üblichen Raumanlagen arbeiten. Kühle Farben erscheinen räumlich vorne und die dunkle Figur steht vor dem hellen Hintergrund. Und doch geht es auch um eine Bildeinheit. 




Bild steht im Ateliergarten

Zustand nach ca. zwei Wochen






Es ist der 13. August und das Bild läuft so langsam in die Zielgerade ein. Alle Gewichtungen sind gesetzt und alle Farben durchgearbeitet. Nun habe ich mal den Erntewagen daneben gestellt um zu überprüfen ob das Bild daneben Bestand hat und zu einer ähnlichen Qualität gekommen ist. Es hat die gleich Präsents bekommen und es steht in der gleichen Überzeugung auf der Leinwand. Der Erntewagen gibt aber kompositorisch und malerisch mehr her. Aber mir gefällt der Kopf und er wird auch so bleiben. Drei Wochen lang habe ich mich nun um die Farbe gekümmert. z.T. 8 Stunden am Tag. 




Heute am 14. August beende ich die Arbeit an dem Bild. Es wird nun Kopf I heißen, zumal ich vorhabe weitere Köpfe zu malen. Als letzten Schritt habe ich nochmals den Hintergrund bearbeitet. Er sollte als einheitliche Fläche ohne Verlauf auf dem Bild sein. Dann gab es noch Kleinigkeiten: ein paar Macken im Hut, die Intensität der linken Lippenseite, eine Ecke an der Lippe usw. Bei diesen Bildern sind die seitlichen Fotos immer spannend. Sie stauchen oder dehnen die Formen.